gendergerechte SpracheOb eine gendergerechte Sprache sinnvoll und notwendig ist, scheint aktuell ein sehr emotionales Thema zu sein. Männer und Frauen sind dem Gesetz nach gleichberechtigt. Für die meisten von uns ist das selbstverständlich. Und einigen Menschen, Männern wie Frauen, erscheint es deshalb nicht notwendig, gendergerecht zu kommunizieren. Sie argumentieren damit, dass die deutsche Sprache die männliche Form eben „schon immer“ bevorzuge und Sprache nicht einfach so verändert werden könne.

Sprache und Wirklichkeit

Aus Sicht der Sprachwissenschaft stimmt das nicht. Ganz im Gegenteil unterliegt unsere Sprache einem permanenten Wandel. Wer das nicht glauben möchte, ist herzlich eingeladen, sich in diese Erzählung Goethes  zu vertiefen. Wissenschaftliche Studien belegen außerdem, dass Sprache Wirklichkeit mitformt. „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt“, hielt der Philosoph Ludwig Wittgenstein schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts fest. Inzwischen bestätigt das die linguistische Forschung: Wenn wir unsere Sprache verändern, können wir dazu beitragen, die Wirklichkeit zu verändern. Tatsächlich gibt es nach wie vor viele gesellschaftliche Bereiche, in denen die Gleichberechtigung von Frauen und Männern – von diversen Menschen ganz zu schweigen – noch nicht realisiert ist. Auch und gerade, wenn wir die Chance haben, mit unserer Sprache hier einen Beitrag zur Veränderung zu leisten, lohnt es sich, sensibel und aufmerksam, angemessen und nicht diskriminierend zu kommunizieren.

Gendergerecht schreiben lernen

Zugegebenermaßen ist das im Deutschen nicht immer einfach. Gemeinsam mit der School for Communication and Management (SCM) in Berlin habe ich deshalb den Videokurs „Gendergerecht schreiben und sprechen“ realisiert, der Interessierten Orientierung bietet in diesem Feld, das sich momentan in einem so dynamischen Wandel befindet. Der Onlinekurs zeigt die Möglichkeiten auf, die wir in der deutschen Sprache haben, um uns fair und geschlechtergerecht auszudrücken – ohne die Sprache zu verbiegen. Die einzelnen Lektionen bieten klare Leitlinien, die Interessierte in ihrem beruflichen und auch persönlichen Alltag beim Schreiben und Sprechen anwenden können.

Gendergerechte Sprache historisch betrachtet

Unsere Sprache basiert, historisch betrachtet, auf Denkmustern und Werteordnungen einer Zeit, in der Männer im wahrsten Sinne des Wortes „das Sagen“ hatten. Das zog sich – und zieht sich zum Teil bis heute – bis in die deutsche Grammatik hinein, in der die „männliche Form“ als die Norm angesehen wurde und wird. Ein bekanntes Beispiel ist Schillers Gedicht „An die Freude“ (unsere europäische Hymne!), in der es heißt: „Alle Menschen werden Brüder.“ Von den Schwestern keine Rede … Lange Zeit war üblich, dass sogar Frauen von sich ganz selbstverständlich als Bankkaufmann oder Friseur gesprochen haben.

Je mehr das Thema Sprache und Wirklichkeit erforscht wurde, desto mehr wuchs das Verständnis, das Sprache das Denken und die Wirklichkeit prägt. Seit den siebziger Jahren untersucht die feministische Sprachkritik die Zusammenhänge von Sprache, Denken und Handeln. Zunächst belächelt, hat das bald zu sehr hitzigen Diskussionen geführt. In den achtziger Jahren folgten erste Leitfäden und Richtlinien für die sprachliche Gleichbehandlung von Mann und Frau. Insbesondere öffentliche Einrichtungen haben sich ab da bemüht, geschlechtergerecht zu kommunizieren. Ein erster Schritt war, männliche Personenbezeichnungen um weibliche zu ergänzen, also z. B. „Liebe Bürgerinnen und Bürger“ zu sagen statt nur: „Liebe Bürger“.

Der Genderstern

Seither ist dieses Finden der optimalen Bezeichnungen ein Prozess, sodass sich die Empfehlungen immer wieder ändern bzw. an die neuen Entwicklungen anpassen. Ganz aktuell hat die Diskussion um geschlechtergerechte Sprache seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2017 Fahrt aufgenommen. Dieses stellte fest, dass die bis dahin gültigen Regelungen des Personenstandsgesetzes verfassungswidrig sind. In diesen hatte sich jede Person als „männlich“ oder „weiblich“ definieren müssen, eine dritte Option war nicht vorgesehen. Inzwischen ist hier die Eintragung „inter/divers“ möglich. Für eine geschlechtergerechte Sprache bedeutet dies, dass eine rein binäre Einteilung in „männlich“ und „weiblich“ nicht mehr dem aktuellen Stand entspricht. Aktuell experimentiert die Avantgarde unter den Medienschaffenden, wie eine gendergerechte Sprache aussehen könnte: Mitmacher*innen sind willkommen.

Sind Frauen „mitgemeint“?

Immer wieder wird als Argument gegen das Gendern angeführt, die Frauen seien doch ganz selbstverständlich „mitgemeint“, wenn die männliche Form verwendet wird. Ob das mit dem „Mitmeinen“ funktioniert, hat die Journalistin Eva Schulz ganz pragmatisch an einer Zielgruppe getestet, die beim Thema Gendern noch ganz unvoreingenommen ist: mit Kindern. Ihr Video belegt: Schon bei den Jüngsten klappt das „Mitmeinen“ der Mädchen oder Frauen, wenn nur die männliche Form zum Zug kommt, nicht! Mehr zu gendergerechter Kommunikation erzähle ich in Folge 10 des Podcasts „Think Beyond“. Auch erreichbar über alle gängigen Podcasts Apps.

Gendergerechte Sprache in Ihrem Unternehmen

Wünschen Sie sich in Ihrem Unternehmen eine gendergerechte Sprache und möchten die Möglichkeiten ausloten? Gerne begleite ich Sie bei diesem Prozess. Kontaktieren Sie mich für weitere Details.